Roman Schauplatz Siwa
Ein Mann ging durch die Wüste
Eine „Ode an die Oase“ nannte das Reisemagazin für Weltenbummler Globetrotter kürzlich meine Reportage über die Oase Siwa, die ganz im Westen Ägyptens unweit der libyschen Grenze liegt. Seit einigen Jahren kehre ich immer wieder zur „zerflossenen“ Burgruine Shali im Zentrum der Oase zurück, die eine prachtvolle Filmkulisse abgeben könnte. Spätabends treffe Freunde in einer der zahlreichen Hotsprings. Wir fahren in die Stille der endlosen Wüste, die die 80 km lange und 30 km breite Depression umschlossen hält und an den Rändern bedroht. Ich notiere, schreibe und trage vor, was mich an dieser Gemeinschaft von Berber- und Beduinenstämmen immer wieder fasziniert.
Dazu gehört etwa die hohe Kunst des Dattelanbaus, Haupteinnahmequelle und wichtigstes Exportgut. Letztens habe ich große Granatapfelfelder im Osten entdeckt und Grabhöhlen aus vorchristlicher Zeit in den steilen Sandsteinfelsen besichtigt, vor denen noch menschliche Überreste verstreut lagen.
Was es mit Siwa sonst so auf sich hat, will ich hier nicht vertiefen. Die Reportage sagt einiges aus, und die Bilder zeigen es. Ansonsten steht es jedem frei, sich auf den Weg dorthin und selbst ein Bild zu machen. Dass der Roman zu einem großen Teil dort handelt, ist also kein Zufall. Dies ist die eigentliche Ode.
Siwa – eine Leseprobe
Ich mag diesen bizarren Fleck. Ein wogendes Braungrün im Fadenkreuz von Achsen: Delphi und Kharthum, Tripolis und Mekka. Die Straße von Marsa Matroh nach Bahariya schlägt hier einen rechtwinkligen Haken. Es sind alte Karawanenwege, halbherzig asphaltiert. Es gibt Straßensperren. Man wäre Heckenschützen schutzlos ausgeliefert, Hubschrauber haben freies Schussfeld.
Die Lodge liegt abseits am Fuße des gewaltigen Tafelberges Andrere Amellal wie ein zu klein geratener Vorposten zur Fort Knox. Von der Monatsmiete könnte ich mir einen Kleinwagen kaufen. Der Butler ist quasi vor der Tür. Vorne plätschert Salzwasser, hinten begrenzt uns ein dreihundert Meter hoher Felsen, rechts und links Sand und Geröll. Ich bin in einem Luxusgefängnis. Es ist schwierig, unbemerkt zu gehen. Doch sehe ich die Wege. Über das Wasser. Verkleidet. Aus weiß wird schwarz.
An der Rezeption gibt es zur Begrüßung alkfreien Schampus. Meine Suite mit ocker-rau verputzter Decke hat drei Räume. Das Wohnzimmer schimmert grün, türkise und blau, Bausteine aus reinem Salz. Berberteppiche mit ornamentaler Verschnörkelung. Nischen. Um Tische liegen bunte Kissen, zu Sitzecken geformt. Schränke, Regale fehlen. Vasen und Lampen sind beste Handwerkskunst. Ich könnte mich daran gewöhnen. Wo sind die Wanzen installiert? (Auszug aus Kapitel 19)